Donnerstag, 15. Mai 2014

Panik in Kanada - wie geht es weiter?

 Un expresso allongé svp
Wer dieses Jahr, 2014, plant nach Kanada einzuwandern wird sich fragen, wie es nach den neuesten Skandalen weitergeht. Das Temporary Work Permit (TWP) Programm ist bereits ab April teilweise gestoppt. Es gibt dazu ein Moratorium, und keiner kann voraussagen, wie lange man auf ein Resultat der beauftragen Fachleute zu warten hat. Inzwischen wird bekannt, dass nicht nur die fast-food industry betroffen ist, sondern selbst Piloten von Hubschraubern und Flugzeugen ihren Job wegen Temporary Workers (TW) verloren haben. IT-Fachleute verlieren ihren Job an ausländische Arbeitnehmer (TW) ebenfalls, ist seit dem Skandal bei der RBC im März 2013 bekannt. Es kann also passieren, dass noch weitere Berufsgruppen einem Stopp des TWP erleben werden. Das wird ebenfalls Auswirkung auf bereits erteilte TW haben, die bereits in Kanada arbeiten, wenn sie für die Verlängerung des TWP eine neue LMO benötigen.
Neben dem TWP gibt es Programme des CIC zum direkten Erhalt eines Permanent Residence Visums. Das sind die beiden Programme „federal skilled worker“ (FSW) und „federal skilled trade workers” (FSTW). Theoretisch braucht man bei diesen Programmen nicht vorher in Kanada gearbeitet zu haben.

Allerdings ist besonders bei den Berufen der FSTW Antragsteller die Anerkennung der ausländische Berufsausbildung und -erfahrung durch eine Berufsorganisation in einer der Provinzen erforderlich. In den meisten Fällen wird dazu das Red Seal Zertifikat verlangt. Die dazu erforderliche Prüfung kann man aber nur in Kanada ablegen.

Das konnte man früher als TW bei entsprechender Vorbereitung und geleisteter Arbeitszeit in Kanada erwerben. Das Red Seal Zertifikat heute vom Ausland aus zu erwerben ist enorm umständlich, teuer und je nach Beruf nicht in allen Provinzen möglich. Darum war es bisher erforderlich erst als TW in Kanada zu arbeiten und das Red Seal Zertifikat zu erwerben, bevor man den Antrag auf die PR stellen konnte. Entweder stellte man den direkt über das Ministerium CIC oder erst über eines der Provincial Nominee Programme.
Nur wer sich bereits seit Längerem auf diese beiden Programme vorbereitet hat, hat derzeit eine Chance über diese Programme die PR zu erhalten. Das Problem ist bei diesen Anträgen die Quote (the cap) je Beruf. In der Gruppe der FSTW ist the cap 100 Anträge pro Beruf – das für Anträge aus aller Welt. Diese Möglichkeit gibt es derzeit nur bis zum 31. Dezember 2014.

Etwas besser sieht es in der Gruppe der FSW aus. The cap ist hier für jeden Beruf bei 1.000 Anträge. Die Plätze werden je nach Beruf sehr schnell “ausverkauft” sein und in einigen Berufen werden sich kaum mehr als 50 Personen bewerben.

Die Alternative ist das IEC-Programm. Also ein working holiday, young professional oder co-op Permit, um damit maximal ein Jahr in Kanada reisen und arbeiten oder nur arbeiten zu können. Das habe ich ausführlich im E-Book “Canada calling! Kanada ruft 1.” beschrieben und dürfte den meisten von euch eh bekannt sein.

Das bis hier Geschriebene ist vermutlich allen bekannt, die seit Längerem eine Auswanderung nach Kanada planen. Die Situation hat sich erneut im April 2014 so sehr zum Nachteil der Would-be Immigranten verändert, dass jeder seine Planung erneut genau überprüfen sollte.

Was hat sich geändert?

Zum einen die Bereitschaft der Arbeitgeber noch eine LMO zu beantragen und Temporary Worker einzustellen. Wer lässt sich schon freiwillig an den Pranger stellen und beschimpfen. Genau das aber erleben derzeit Arbeitgeber, die Temporary Worker beschäftigen.

Zum anderen werden keine LMOs mehr am “Fließband” und ohne Überprüfung von ESDC ausgestellt. So war es ab Anfang 2012 üblich. (Stand alles immer wieder in den Medien.)

Jason Kenny, damals Minister des CIC, verlangte ab Anfang 2012 die schnelle Ausfertigung der LMOs von seinem Kollegen beim Ministerium HRDSC, zuständig für die LMO. Heute als Minister von ESDC, nun selbst zuständig für die LMO, hat Kenney eine Kehrwendung um 180 Grad gemacht. Statt den Arbeitgebern schnellstens eine LMO auszustellen und damit billige Arbeitskräfte zu besorgen, droht er den Bossen nun mit Strafen und selbst Gerichtsverfahren. Hinzu kommt die Verfügung bereits genehmigte LMOs als ungültig zu erklären.


Warum ist jetzt die Panik da?

Bei allen Programmen ist die politische Situation in Kanada zu berücksichtigen. In den im Internet zu lesenden Kommentaren zu den Skandalen beim Temporary Worker Programm wird massiv davon gesprochen: Die regierende konservative Partei ist abzuwählen und das TWP ist komplett zu stoppen. Man sollte das Programm abschaffen, wird immer wieder gefordert. An Kenney lassen die Kommentare auch „kein gutes Haar“.

Die regierende Partei will normalerweise weiter die Regierungsmacht ausüben. Darum ist davon auszugehen, dass sie dem Wahlvolk entgegenkommen wird und entsprechende „Geschenke“ verspricht. (Wie auch in Deutschland und überall in der Welt üblich.)

Wie sich das auf die Planungen für die anstehenden Gesetzesänderungen auswirken wird, dass kann ich nicht sagen. Dass der Unwille und die Protest der Kanadier auf die Gesetze Einfluss haben wird – ist bereits jetzt zu erkennen. Das könnte bedeuten, die Bedingungen für eine positive oder neutrale LMO und für Temporary Worker verschärfen sich weiter. Das würde die Einwanderung für viele Would-be Immigrants erschweren oder sogar unmöglich machen.

Was ändert sich zum 1. Januar 2015?

Zu dem Datum soll das neuen Programm “Express Entry - Entrée Express” in Kraft gesetzt werden. Vorher als "Expression of Interest" bezeichnet, beruht es auf den Einwanderungsprogrammen „SkillSelect system“ von Australien und Neuseeland. Das habe ich im Buch bereits vorgestellt und werde das auch demnächst hier im Blog machen.

Ob das Auswirkungen auf das IEC-Programm hat, wird sich zeigen. Spätestens im September 2015 müssen die Neuwahlen für das kanadische Parlament stattfinden. Wird die nächste Regierung von einer anderen Partei gewonnen, wird sich die Situation ändern – möglicherweise auch wieder vereinfachen. Es gibt aber keine Garantie, dass eine andere Partei gewählt wird.

Statt Plan A, sofort einen Antrag auf PR stellen, kann dann möglicherweise Plan B oder C zur Einwanderung führen. Den Plan R – taktische Rückwanderung – sollte jeder einkalkulieren, der heute bereits mit einem Work Permit in Kanada ist.

Plan B könnte sein, dass man auf das Programm Express entry wartet, da man in den verbleibenden sechs Monaten kaum eine Chance hat noch innerhalb der Quote des Programms FSW einen Platz zu erhalten. Anders sieht es aus, wenn man bei dem FSTW Programm noch vor November seine Berufsanerkennung aus Kanada erhält. Dann könnte da eine chance bestehen.

Plan C könnte sein, dass man bis 2016 wartet, um dann erst mit einem Permit des IEC-Programms nach Kanada zu reisen und die PR anzustreben.

Plan D könnte sein, dass man genauestens die Provincial Nominee Programme studiert und darüber die PR erreicht.
Plan …, …, oder … - diese Pläne können möglicherweise ebenfalls erfolgreich sein.

Time will tell.

Mantra der konservativen Partei und Jason Kenney
Früher: Companies first
Heute: Canadians first

Bonne chance
Maxim
PS – schnell geht nix. Ich gehe davon aus, dass die ersten 10 bis 100 Anträge beim Programm Express Entry schnell bearbeitet werden – wegen der PR. Danach dürfte sich alles rapide verlangsamen – wie üblich. Gründe dafür gibt es genügend und sie sind bekannt – brauche ich im Moment nicht zu erläutern.

Links
federal skilled worker (FSW) applications
As of May 1, 2014, there is an overall cap of 25,500 for new federal skilled worker applications.
There are also sub-caps of 1,000 for each of the 50 eligible occupations.

federal skilled trade applications
we will accept no more than 5,000 complete federal skilled trade applications for processing as of May 1, 2014.
Within the 5,000 cap, no more than 100 new applications for each job will be considered for processing.

PS 2 - zum Thema CEC später mehr.

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